„Kinderkrippen und Kindergärten sind keine reinen Betreuungseinrichtungen. Vielmehr sind es für unsere Kleinsten die ersten Bildungsinstitutionen und so müssen sie, was finanzielle Ausstattung und gesellschaftliches Standing vor allem auch der Pädagoginnen und Pädagogen angeht, behandelt werden. Aus Studien über vergangene Investitionen wissen wir, dass sich jeder in den Ausbau elementarpädagogischer Angebote gesteckte Euro volkswirtschaftlich mehrfach rechnet.“, so JI-Vorarlberg Vorsitzende Katharina Rhomberg-Shebl.
Insbesondere in ländlichen Regionen brauche Vorarlberg dringend Investitionen in den Ausbau der Kapazitäten ganztägiger Kinderbetreuung. „Junge Eltern dürfen sich nach der Familiengründung nicht unfreiwillig in einer Teilzeitfalle wiederfinden. Deswegen braucht jedes Kind in Vorarlberg ab dem zweiten, mittelfristig ab dem ersten, Lebensjahr Rechtsanspruch auf einen ganztägigen Betreuungsplatz.“, bekräftigt Rhomberg-Shebl.
Ein Blick auf die letztverfügbaren Zahlen der Statistik Austria zeigt: 2020 erhielten lediglich 18% der 0 bis 2-Jährigen eine entsprechende Kinderbetreuung, die den Eltern eine Vollzeitbeschäftigung ermöglicht, bei den 3 bis 5-Jährigen waren es 40,7%. Das ist im Vergleich zum Vorjahr zwar ein leichter Anstieg, zeigt die Problematik aber deutlich auf: Nur rund jedes sechste Kind unter drei Jahren wird in einem Ausmaß betreut, dass eine Vollzeitbeschäftigung der Eltern zulässt.
Große Bedeutung für Arbeitsmarkt und Wirtschaft
Nicht nur für die Entwicklung und Chancen von Kindern und Eltern sei der Ausbau der Elementarpädagogik entscheidend, auch die Auswirkungen auf Wirtschaftsstandort und Arbeitsmarkt seien beachtlich: „Im Rahmen des Regionalen Benchmarkings, einem umfassenden Vergleich mit unseren Nachbarregionen, haben wir festgestellt, dass Vorarlberg die zweitniedrigste Erwerbstätigenquote aufweist. Auffällig dabei ist die im Vergleich zur allgemeinen Erwerbstätigenquote um 6,6 Prozentpunkte geringere Erwerbstätigkeit der Frauen. In Zeiten des anhaltenden eklatanten Arbeitskräftemangels müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen, dass bei entsprechendem Wunsch nach der Babypause ein rascher Wiedereinstieg in die Vollzeit- oder auch Teilzeitbeschäftigung möglich ist. Ein entscheidender Faktor, um diese Lücke im Sinne der Chancengerechtigkeit für Eltern zu schließen, ist ein massiver Ausbau des – flächendeckenden und qualitativ-hochwertigen – ganztägigen Kinderbetreuungsangebots.“, macht IV-Präsident Martin Ohneberg deutlich.
Nicht nur die Industrie kämpft mit dem Fachkräftemangel, auch das Fachpersonal in der Elementarpädagogik ist knapp: „Es ist an der Zeit, diesen wichtigen Beruf entsprechend seiner Bedeutung für die Gesellschaft attraktiver zu gestalten. Das beginnt bei der hoch-qualitativen, zeitgerechten Aus- und Weiterbildung und reicht bis hin zu besseren Gehältern für Pädagoginnen und Pädagogen.”, appelliert die JI-Vorsitzende an die politischen Entscheidungsträger.
Mehr Bewegung bei gesetzlichen Rahmenbedingungen gefordert
Der heutige “Tag der Elementarbildung” sei ein guter Anlass, mehr Tempo beim angekündigten Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz zu fordern, so Ohneberg: „Am Ende des Tages ist es die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der Elementarpädagogik in Vorarlberg zu schaffen. Doch die Geschwindigkeit reicht nicht aus, um den geänderten gesellschaftlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen.” Das längst angekündigte Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz, das die gesamte institutionelle Betreuung aller Kinder von 0 bis 10 Jahren in Vorarlberg neu regeln soll, wird nun voraussichtlich 2022, deutlich verspätet, in Begutachtung gehen. “Wenn Vorarlberg bis 2035 chancenreichster Lebensraum für Kinder werden will, muss hier endlich mehr Bewegung reinkommen.“ so Ohneberg abschließend.