Der 15. August 2022 kennzeichnete heuer in Österreich den Tax Freedom Day. Das bedeutet, dass bis 15. August – also 227 Tage – die Österreicher und Österreicherinnen ausschließlich für den Staat gearbeitet haben. Und dieser Tag war auch heuer wieder später im Jahr, wodurch die Motivation, Mehrleistung zu erbringen, immer weiter sinkt.
Die Gesellschaft erlebt derzeit eine intensive Generationendebatte über die Leistungsbereitschaft der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Bandbreite betrieblicher Resonanz reicht von außergewöhnlicher Einsatzbereitschaft bis hin zu maximaler Freizeitorientierung von jungen Arbeitnehmern. Einerseits berichten Personalvermittler von utopischen Forderungen mancher Berufseinsteiger, deren Leistungshorizont nicht über eine Vier-Tage-Woche oder einen Teilzeitjob hinausgeht. Dieses neumoderne „Work-Life-Balance-Mindset“ schürt unter anderem den Fach- beziehungsweise Arbeitskräftemangel und führt dazu, dass das Wachstum und die Prosperität der Volkswirtschaft trotz voller Auftragsbücher der heimischen Betriebe leiden. In diesem Fall bedeutet der Gewinn an Lebensqualität eines Einzelnen den gesellschaftlichen Verlust der Wohlstandssicherung von morgen.
Dass Pauschalurteile über die junge Generation falsch sind, zeigen viele positive Erfahrungswerte aus der Praxis sowie die Erkenntnisse einer 2021 veröffentlichten Studie „Zukunft der Arbeitswelt“ von Leitbetriebe Austria und z.l.ö. – zukunft.lehre.österreich. Bei einer repräsentativen Umfrage unter 1000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen (14 bis 29 Jahre) in Österreich würden rund 80 Prozent aller Befragten mit ihrer Arbeit die Erwartungen des Vorgesetzten übertreffen wollen und sich dafür laufend weiterbilden. Fast zwei Drittel wären sogar bereit, die sogenannte „Extrameile“ zu gehen. Darüber hinaus ist die Erreichbarkeit außerhalb der regulären Arbeitszeit für eine klare Mehrheit in Ordnung.
Die Bandbreite der Leistungsorientierung ist offensichtlich groß. Die Ursache des divergenten Wertekompasses der jungen Generation lässt sich mitunter auf die Ausgestaltung unseres Steuer- und Abgabenrechts zurückführen, welches nachhaltigen Vermögensaufbau durch Leistung nahezu verunmöglicht: Lohnnebenkosten im EU-Spitzenfeld und hohe Überstundenbesteuerung schaffen eine signifikante Brutto-Netto-Lohnschere – nochmals verstärkt durch die Kalte Progression – und torpedieren Leistungsbereitschaft der Jungen, wobei die partielle Abschaffung von letzterer als wichtiger und richtiger Schritt der Regierung zu begrüßen ist. „Das allein reicht jedoch nicht, um unser Steuersystem für Leistungsträger attraktiver zu gestalten. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen zahlt es sich für die Jungen nicht aus, mehr Arbeit zu leisten“ erklärt dazu DI Maximilian Priglinger, Vorsitzender der Jungen Industrie OÖ (JI OÖ).
„Leistung muss sich lohnen“: Für die junge Generation gilt dieser Grundsatz trotz hoher Motivation und Leistungsbereitschaft daher nur noch bedingt. Wenn die Besteuerung nach Leistungsfähigkeit in normalen Zeiten bereits ein überdurchschnittlicher Lastenausgleich ist, dann bekommt sie in Zeiten galoppierender Inflation und stark anziehender Preise für Wohnraum und Energie zusätzlich entmutigende Züge. Aus diesem Grund braucht es, wie von IV OÖ-Präsident Stefan Pierer in die Diskussion eingebracht, einen radikalen Ansatz, wie die steuerliche Begünstigung von unter 30-Jährigen in Form eines Halbsteuersatzes bei Vollzeitbeschäftigung. Außerdem sollen die ersten zwanzig Überstunden bei Vollzeitbeschäftigung steuerfrei ausbezahlt werden. Die Leistungswilligen unserer Gesellschaft werden dadurch entlastet und die Leistungsbereitschaft wird nach dem Leitgedanken der Parentalgeneration „Man muss sich anstrengen, um etwas zu erreichen“ hochgehalten.
Zusätzlich gewinnt der Standort Österreich im Hinblick auf die qualifizierte Zuwanderung dadurch einen enormen Wettbewerbsvorteil im globalen Kampf um die besten Nachwuchsköpfe. Dies gilt es insbesondere im Zusammenhang mit dem internationalen Leuchtturmprojekt rund um das Institut of Digital Sciences Austria (IDSA) zu beachten, dessen Ziel es schlussendlich sein muss, Absolventen und junge High-Potentials bestmöglich im heimischen Arbeitsmarkt zu halten.
Im nächsten Schritt gilt es, ein entsprechendes Steuer-Modell auszuarbeiten und im Detail abzustimmen. „Aufgrund der demographischen Entwicklung muss es in Österreich besser gelingen, die Potenziale der Jungen verstärkt zu heben. Denn eine Gesellschaft, die bewusst einen Teil ihres Humankapitals nicht nutzt, verarmt auf lange Sicht“, ergänzt Maximilian Priglinger abschließend.
Linz, 18. August 2022